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Wie es zum Ukraine-Krieg kam: Ex-Berater von Trump rekapituliert

Es lohnt sich, sich immer wieder vor Augen zu führen, wie es zu dem Krieg in der Ukraine kam. Wer die Ursachen und die Verkettung der für ihn kausalen Ereignisse nicht versteht, wird auch keine Lösung finden. Selten erlebt man so prägnante Darstellungen von beidem wie bei US-Oberst Douglas Macgregor.
Wie es zum Ukraine-Krieg kam: Ex-Berater von Trump rekapituliertQuelle: Gettyimages.ru © Tom Williams/CQ-Roll Call, Inc

Der frühere Berater von Donald Trump zu dessen Amtszeit im Weißen Haus und pensionierter Oberst der US-Army, Douglas Macgregor, hat in einem Interview mit einem britischen Journalisten auf prägnante Weise die Entstehung und den Verlauf des Krieges in der Ukraine rekapituliert. Die Zusammenfassung der Ereigniskette, die zum Krieg geführt hat, ist so übersichtlich und jedermann verständlich, dass wir sie dem Leser nicht vorenthalten wollen. 

Dabei geht der US-Amerikaner hart mit der westlichen Propaganda und den in den USA und Europa verbreiteten Narrativen ins Gericht. Der Westen, so Macgregor, habe, angeführt von Washington und London, ein in seinem Ausmaß schockierendes Reich der Lügen errichtet:

"Darauf war ich, ehrlich gesagt, völlig unvorbereitet, so etwas habe ich noch nie gesehen. Wir haben systematisch über alles gelogen, was mit Russland und der Ukraine zu tun hat, und das seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren."

Die Wahrheit ist, sagt der pensionierte Oberst weiter, dass Russland keineswegs der "böse Aggressor" sei. Es habe seine militärische Operation gestartet, um sein Land zu sichern. Der Westen habe in den vergangenen 20 Jahren unermüdlich daran gearbeitet, Russland auf jede erdenkliche Weise zu untergraben und zu schwächen. 

Die Russen hätten sehr deutlich gemacht, dass sie die NATO an ihren Grenzen nicht akzeptieren würden. Sie hätten zwar den Beitritt von Lettland und Estland akzeptiert, aber eine Aufnahme der Ukraine sei unter keinen Umständen zu akzeptieren gewesen. Macgregor:

"Aber sie haben sehr deutlich gemacht, dass die Ukraine, die ungefähr die Größe von Texas hat, niemals Mitglied der NATO werden dürfe. Das stellte einfach eine zu große Gefahr dar. Wir haben es ignoriert."

Einer der Hauptgründe, warum Russland 2014 die Krim annektierte, war laut Macgregor, dass Putin verhindern wollte, dass der Marinestützpunkt in Sewastopol in die Hände der NATO fällt:

"Und denken Sie daran: Wenn er 'NATO' sagt, meint er letztlich die Vereinigten Staaten. Es ist die US-Marine, die in die Häfen der Krim eingelaufen ist. Es sind die US-Streitkräfte, die sich nach Osten an die russische Grenze bewegen. Und wir haben uns entschieden, nicht darüber zu sprechen."

An dieser Stelle erinnert Macgregor an den vorausgegangenen Staatsstreich in Kiew. Diesen hätten die USA "mitorganisiert und durchgeführt". Der Staatsstreich habe Leute an die Macht gebracht, die sonst nicht an die Macht gekommen wären. Und diese Leute seien gewalttätig, antirussisch und feindlich gegenüber den nationalen Sicherheitsinteressen Russlands. Diese vom Westen unterstützten neuen Machthaber hätten 2014 den Krieg im Osten der Ukraine vom Zaun gebrochen:

"Wir haben sie ermutigt, wir haben sie kultiviert, wir haben angefangen, Geld in dieses Ding namens ukrainische Armee zu stecken. Und 2014 begann diese junge Armee sofort mit Angriffen auf ethnische Russen in der Ostukraine, in den sogenannten Regionen oder Oblasten Donezk und Lugansk. In der Zeit zwischen den ersten Angriffen der Artillerie im Jahr 2014 und der Intervention der Russen im Februar 2022 wurden 14.000 Menschen getötet. Sie feuerten Tausende und Abertausende Artilleriegeschosse ab. In der Tat haben sie in den ein oder zwei Wochen vor dem endgültigen Einmarsch der Russen (im Februar 2022) über 2.000 Schuss Artillerie abgefeuert. Und diese wurden alle auf russische Zivilisten abgefeuert."

An dieser Stelle stellt Macgregor klar, dass es sich bei diesen Zivilisten "technisch" um ukrainische Staatsbürger handelte, nur seien es eben ethnische Russen:

"Und natürlich werden diese Russen unterdrückt. Sie wurden praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt: Entweder ihr werdet Ukrainer, hört auf, Russisch zu sprechen, sprecht Ukrainisch, schreibt auf Ukrainisch und nehmt die ukrainische Identität und Kultur an usw., oder wir werden euch bestrafen. Und so sind die Russen in der Ostukraine nun schon seit Jahren Bürger zweiter oder dritter Klasse."

All dies kam in Russland nicht gut an, erklärt Macgregor, und erinnert an die gescheiterten Minsker Abkommen:

"Dann gab es das so genannte Minsker Abkommen, das Russland theoretisch als Möglichkeit präsentiert wurde, den Konflikt zu überwinden und ein gewisses Maß an Zivilität und Frieden in der Ukraine zu wahren. Nun, es hat nicht funktioniert, und es hat nicht funktioniert, wie wir herausgefunden haben, weil Bundeskanzlerin Merkel, die jetzt im Ruhestand ist, und dann später Herr Macron, der Präsident von Frankreich, beide zugegeben haben, dass die ganze Sache ein Schwindel war. Es war einfach ein Mittel, um für die Ukrainer Zeit zum Aufbau ihrer Streitkräfte zu gewinnen." 

Anfang 2022 wurde Russland klar, dass diese große, mithilfe des Westens aufgebaute Armee, die gut ausgerüstet und nach NATO-Standards ausgebildet ist, kurz davor stand, einen Angriff auf Russland zu starten. Einen Angriff mit dem Ziel, Lugansk und Donezk vernichtend zu schlagen und dann die Krim zurückzuerobern. Dazu sagten die Russen: "Nein danke", und intervenierten, rekapituliert Macgregor.

Anschließend an die Analyse der Kriegsursachen geht er auf den bisherigen Kriegsverlauf ein. 

Den großen Fehler Russlands in der Anfangsphase sah er darin, dass Moskau angenommen hat, dass jemand mit Russland verhandeln wollte. Also rückte die russische Armee mit einer "wirklich kleinen Truppenstärke" in die Ukraine vor, nach Angaben des pensionierten Colonels und Militärexperten mit "kaum 90.000" unmittelbar an den Kampfhandlungen beteiligtem Personal. Moskau musste dann nach einigen Monaten erkennen, dass keine Verhandlungslösung erreicht werden kann. Jede Hoffnung auf Verhandlungen war zerstört, nachdem der damalige britische Premier Boris Johnson Kiew besucht hatte und den ukrainischen Präsidenten von der Unterzeichnung des schon paraphierten Friedensvertrags abgebracht hat. 

Schlussendlich hätten sich die russischen Generäle im Sommer 2022 mit Putin getroffen und hätten ihm gesagt, dass man sich auf einen vollwertigen Krieg einstellen müsse:

"Wir haben uns verkalkuliert, die zugrunde gelegten Annahmen waren falsch, es gibt niemanden, mit dem man verhandeln kann."

Daraufhin gab es in Russland eine Teilmobilisierung und die Neuaufrüstung der Armee wurde begonnen. All das wurde nach Einschätzung von Macgregor bis zum Jahreswechsel 2022/2023 weitgehend umgesetzt. Danach habe es einen russischen Offensivversuch gegeben, bei dem aber das Wetter nicht mitgespielt hätte, sodass sich Russlands Armeeführung entschlossen habe, eine undurchdringbare Verteidigungslinie zu errichten und auf die ukrainische Offensive zu warten.

In der Zwischenzeit habe die Ukraine furchtbare Verluste erlitten, über die in den westlichen Medien nie wahrheitsgemäß berichtet wurde. Washington sei sehr besorgt darüber gewesen, dass die Unterstützung der NATO für "diese geisteskranke Idee, auf dem Rücken des ukrainischen Volkes einen Stellvertreterkrieg gegen Russland führen zu können", schwinden würde, wenn das Ausmaß der Verluste öffentlich wird. Macgregor dazu: 

"Die leichte Lösung war zu lügen. Und dann hat man gehorsame Medien, die ideologisch mit den von Neokons und Globalisten beherrschten Regierungen im Westen (besonders in Washington und London) auf Linie sind, was es leicht macht, die Nachrichten so zurechtzuschneiden, dass die Unterstützung nicht abbricht. Es ist leicht die Menschen im Westen, denen noch die Propaganda des Kalten Krieges in den Knochen steckt, zu überzeugen, dass Russen schlecht sind, dass Russen böse sind."

Russland, so Macgregor, habe heute nichts mit der Sowjetunion zu tun, es sei heute sehr religiös und kulturell konservativ. Der US-Oberst weist auch die Narrative über angebliche russische Kriegsverbrechen deutlich zurück:

"Und ich denke, dass die russische Armee sich gut verhält. 90 Prozent der Kriegsverbrechen, derer sie beschuldigt wird, hat sie nicht begangen. Auf der anderen Seite hat sich das ukrainische Militär verbrecherisch verhalten, tötete Menschen in großen Zahlen und feierte sich in nazistischer Art dafür."

Die Zahl der gefallenen Soldaten und Offiziere auf ukrainischer Seite schätzt Macgregor auf "mindestens" 300.000. Er habe auch weitaus größere Schätzungen dazu gesehen. Die Zahl der Gefallenen auf russischer Seite gibt er mit 30.000 Kämpfern an. Diese Angaben beziehen sich auf den Frühling 2023. 

Zu den Aussichten des Krieges sagt Macgregor, dass die russische Armee aktuell darauf warte, dass der Boden trocknet und sich günstige Wetterbedingungen für eine Offensive einstellen.  

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