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Ein Deutscher namens "Mischa" Wolf – in Russland unvergessen

Am 19. Januar wäre der legendäre Antifaschist und Spionageprofi Markus Wolf 100 Jahre alt geworden. Der russische Auslandsgeheimdienst gratulierte dessen Witwe pünktlich zum Jahrestag, und auch für uns ist es Anlass, an den echten Freund der Sowjetunion und Russlands zu erinnern.

Wenige Deutsche haben die sowjetisch-deutsche und russisch-deutsche Freundschaft so gelebt und verkörpert wie Markus Wolf, seines Zeichens Antifaschist, Frontsoldat, Kundschafter der DDR und Schriftsteller. Außer ihm fällt einem vielleicht noch der erste Deutsche im Weltraum, Siegmund Jähn, ein, der zeitlebens der Freundschaft unserer Völker treu blieb. Nennen könnte man auch den langjährigen Verteidigungsminister der DDR, Heinz Keßler (1920 - 2017), der drei Wochen nach Beginn des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, am 15. Juli 1941 über die Frontlinie lief, sich der Roten Armee ergab und damit das einzige Richtige tat, was jeder Deutsche in jener Situation hätte tun müssen.

Auch wenn Russland viele aufrichtige Freunde hat, das dürften die Prominentesten in Deutschland sein. 

Anlässlich des 100. Geburtstags von Markus Wolf am 19. Januar hat der Direktor des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergei Naryschkin, seiner Witwe Andrea Wolf gratuliert. In seinem Glückwunschtelegramm schrieb Naryschkin:

"Liebe Andrea! Im Namen der Leitung des Auslandsnachrichtendienstes der Russischen Föderation, im Namen der Veteranen des Dienstes, der aktiven Mitarbeiter und in meinem eigenen Namen gratuliere ich Ihnen zum 100. Geburtstag Ihres Mannes! Sie waren viele Jahre seine Stütze. Wir werden dieses Jubiläum gemeinsam mit Ihnen feiern!

Marcus Wolf, ein Mann mit ungewissem Schicksal, wurde zu Recht als Legende des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Als dynastischer Antifaschist, als brillanter und kaum zu schlagender Fachmann, als Patriot, als Diplomat, als Schriftsteller und Journalist, als begabter Vorgesetzter und als treuer Freund unseres Landes hat er mit Leichtigkeit Menschen verschiedener Nationalitäten in seinem Freundeskreis vereint. Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen Gesundheit, Wohlergehen und alles Gute."

Als Antwort auf die Glückwünsche richtete Andrea Wolf an die Pressestelle des SWR Worte des Dankes für die Aufmerksamkeit:

"Lieber Sergej Jewgenjewitsch, ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte! Mein Mann Markus wurde am 19. Januar 1923 in Hechingen in einer wunderbaren Familie geboren. Sein Vater ist der berühmte Arzt und Schriftsteller Friedrich Wolff. Mischas Bruder Konrad wurde ein berühmter Filmregisseur. Ab 1934 lebte die Familie Wolf im Exil in Moskau, wo die Söhne zunächst eine nach Karl Liebknecht benannte deutsche Schule besuchten. Später gingen sie auf die nach Fridtjof Nansen benannte russische Schule."

Im folgenden Teil des Briefes erinnert Andrea Wolf an die wichtigsten Stationen der Biografie von Markus Wolf. Nach der Schule studierte er zuerst am Moskauer Luftfahrtinstitut. Dieses abgeschlossen, besuchte er die Komintern-Schule und wurde Sprecher des deutschen antifaschistischen Radiosenders in Moskau.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und arbeitete bis 1949 für den Berliner Rundfunk. Er war unter anderem als Korrespondent beim Nürnberger Tribunal akkreditiert. Nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik wurde Markus Wolf eingeladen, an der DDR-Botschaft in Moskau zu arbeiten.

Er trat im September 1951 in den Auslandsnachrichtendienst der DDR ein und wurde 1952 dessen Leiter. Der ostdeutsche  Auslandsnachrichtendienst war ab 1953 als "Hauptabteilung Aufklärung" Teil des Ministeriums für Staatssicherheit. Bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1986 blieb Markus Wolf Leiter der DDR-Auslandsaufklärung. Im Ruhestand entwickelte er eine Leidenschaft für das Schreiben. Zu seinen bekanntesten Büchern gehören: "Troika" (1989), "Im eigenen Auftrag: Bekenntnisse und Einsichten" (1991), "Geheimnisse der russischen Küche" (1995), "Spionagechef in einem geheimen Krieg" (1998) und "Freunde sterben nicht" (2002).

Andrea Wolf schreibt weiter: 

"Markus Wolf hatte ein erfülltes und interessantes Leben. Er kämpfte für eine gerechtere Welt! Und seine Bücher fanden sowohl in Deutschland als auch im Ausland viele Leser. Bis zu seinem Tod am 9. November 2006 gab er gerne Interviews und nahm an vielen öffentlichen internationalen Veranstaltungen teil. Er war eine charismatische Persönlichkeit, die in allen politischen Lagern respektiert wurde.

Die Freundschaft mit dem russischen Volk und der russischen Kultur lag ihm im Blut.

Als seine Frau bin ich sehr froh, dass mein Mann mir auch Russland, seine Menschen und seine Kultur vorgestellt hat. Ich liebte russische Musik durch und durch: von der Klassik bis zur Volksmusik. Und Markus selbst liebte es, das Lied "Schwarzer Rabe" aus dem Film "Tschapajew" zu summen."

Andrea Wolf spricht nicht nur für sich allein, wenn sie bekundet, dass man in Ostdeutschland an Markus "Mischa" Wolf denkt, vor allem, wenn man Fragen zu den aktuellen internationalen Ereignissen hat. Man vermisst seinen Rat und seine verbindliche Meinung.

Nach seinem Tod am 9. November 2006 in Berlin wurden zwei Bücher veröffentlicht: "Mischa. Briefe und Texte von Markus Wolf" (2013) und "Und Menschen verändern sich. Briefe an Markus Wolf" (2016). Aktuell konnte auf Betreiben von Wolfs Witwe zum 100. Geburtstag sein Hauptwerk "Troika" nachgedruckt werden.

In der dem Ereignis gewidmeten Presseerklärung des russischen SWR heißt es abschließend: 

"Veteranen des russischen SWR, die Michail Fjodorowitsch, wie ihn seine Kollegen und Freunde, die Offiziere des Inlandsgeheimdienstes, nannten, gut kannten, sagen von ihm, er sei ein Deutscher mit einer russischen Seele gewesen."

Wer die Familie Wolf und die Perspektive der deutschen Antifaschisten auf den Zweiten Weltkrieg und die Befreiung Deutschlands 1945 näher kennenlernen möchte, dem sei auch der autobiografische Filmklassiker "Ich war neunzehn" von Konrad Wolf empfohlen. 

Glückwunschtelegramm, Antwort der Witwe von Wolf und ein Video zum Jubiläum wurden durch das Pressebüro des Russischen Auslandsnachrichtendienstes SWR in einer aufwendig gestalteten Presseerklärung zusammengetragen. 

Video: Jubiläumsgruß des Pressebüros des SWR, Archivaufnahmen verschiedener Jahre und private Sammlung. Der Artikel verwendet Materialien des Pressebüros des SWR und den Text aus dessen Pressemitteilung.

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