Europa

Rügemer: "Die EU und die Grünen treiben die ökologische bäuerliche Landwirtschaft in den Ruin"

Wie der Krieg in der Ukraine mit der Zerstörung der bäuerlichen Landwirtschaft in der EU zusammen hängt, und wer über die Ukraine bestimmt, erklärt Dr. Werner Rügemer: "Mit dem von außen finanzierten Krieg in der Ukraine wird auch der wirtschaftliche Ausverkauf des Landes organisiert."
Rügemer: "Die EU und die Grünen treiben die ökologische bäuerliche Landwirtschaft in den Ruin"© Felicitas Rabe

Von Felicitas Rabe

Im Interview sprach die Autorin am 20. Februar mit Dr. Werner Rügemer über den Zusammenhang des Krieges in der Ukraine mit der Zerstörung der bäuerlichen Landwirtschaft in Europa. In Deutschland sei die Partei Bündnis 90 / die Grünen einer der Hauptakteure bei der Zerstörung der Umwelt und auch der ökologischen bäuerlichen Landwirtschaft, so der Kölner Publizist.

Herr Rügemer, wie kam es dazu, dass sich europäische Bauern von der Konkurrenz landwirtschaftlicher Produkte aus der Ukraine bedroht fühlen?

Während des Krieges in der Ukraine hat die Europäische Union die bis dahin geltenden Steuern auf den Import ukrainischer Produkte in EU-Mitgliedsländer abgeschafft. Die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Steuern mussten Lebensmittelproduzenten aus der Ukraine zahlen, weil sie nicht zur EU gehörten. Die Agrarproduktion in der Ukraine ist aus mehreren Gründen ungleich billiger. Zum einen erhalten die Beschäftigten in der ukrainischen Landwirtschaft viel geringere Löhne als die Landarbeiter in der EU. Zum anderen können die in der Ukraine herrschenden Agrobusinesskonzerne einheimischer Oligarchen schon seit der Unabhängigkeit des Landes ihre Erzeugnisse mittels einer ungleich größeren Flächenproduktion erwirtschaften. 

Mit der Unabhängigkeit der Ukraine erhielten rund 5 Millionen ukrainische Bauern jeweils durchschnittlich 3 – 4 Hektar Land zugeteilt. Da diese Fläche für einen landwirtschaftlichen Betrieb zu klein ist, verpachten viele Bauern ihr Land zu Billigstpreisen an einheimische Oligarchen, die daraufhin mehrere hunderttausend Hektar bewirtschaften können. Einer der größten ukrainischen Unternehmer pachtet zum Beispiel die Riesenfläche von 500.000 Hektar von den Kleinbauern. Diese Oligarchen überlassen die Bewirtschaftung des Landes hauptsächlich US-amerikanischen Großkonzernen, wie zum Beispiel dem US-Landmaschinenhersteller John Deer, dem Saatgutproduzenten Monsanto-Bayer oder dem Getreidehandelskonzern Cargill. Cargill hat den internationalen Getreidehandel – auch aus der Ukraine – weitgehend in der Hand,
bestimmt also auch im Wesentlichen die Preisgestaltung.

Billigst produzieren können die Unternehmen in der Ukraine auch deshalb, weil dort selbst die geringen Umweltstandards der EU nicht eingehalten werden müssen. So können in der Ukraine konkurrenzlos billige Lebensmittel erzeugt werden und in Europa konkurrenzlos billig vermarktet werden. Diese billige Produktion gilt in der Ukraine nicht nur für Nutztiere. In der Ukraine lassen reiche Menschen auch bei sogenannten Leihmüttern ihre Babys konkurrenzlos billig austragen. Während man in den USA rund 300.000 Dollar für die "Produktion" eines Babys zahlen muss, kostet eine Leihmutter in der Ukraine nur rund 80.000 Dollar. Wobei Agenturen, Kliniken und Labore einen Löwenanteil von diesem Honorar beziehen.

Welche Rolle spielen Kapitalverwalter wie BlackRock und Co. in der ukrainischen Landwirtschaft und insgesamt in der Wirtschaft des Landes?

Das im Agrobusiness erwirtschaftete Geld in der Ukraine kommt nicht den ukrainischen Menschen zugute. Die großen Landwirtschaftskonzerne gehören mehrheitlich reichen Aktionären wie BlackRock und Co. Der Kapitalorganisator BlackRock ist gleichzeitig auch Auf- und Weiterverkäufer von ukrainischen Staatsanleihen – und das, obwohl die Ukraine eines der am meisten verschuldeten Ländern der Welt ist. Es muss also aus Sicht von BlackRock zumindest in der Landwirtschaftssparte für große Gewinne gesorgt werden. Per Vertrag wurde BlackRock inzwischen offiziell zum Koordinator für den Wiederaufbau der Ukraine benannt.

Der Wiederaufbau der Ukraine soll darin bestehen, dass westliche Investoren zusätzliche Möglichkeiten im Agrarbusiness bekommen, aber auch beim Kauf von bisher noch staatlichen Unternehmen. Es können dann zum Beispiel Lizenzen zum Lithiumabbau erworben werden, oder Ähnliches. Nachdem bis 2021 in der Ukraine nur inländische Oligarchen das Bauernland pachten durften, wurde die Gesetzgebung inzwischen geändert. Mittlerweile dürfen zum einen ausländische Investoren mitmischen und zum anderen darf das Land nun auch gekauft werden. Zuvor musste es gepachtet werden und blieb im Besitz der Kleinbauern.

"Mit dem von außen finanzierten Krieg in der Ukraine wird zugleich auch der wirtschaftliche Ausverkauf des Landes organisiert."

Man könnte fast sagen, BlackRock bestimmt, wem was in der Ukraine gehört – bzw. wie die Ressourcen verteilt werden. Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall, wo inzwischen BlackRock und Co. zu den führenden Aktionären gehören – und welches eben nicht in deutscher Hand ist – hat auch schon einen Vertrag über den Bau einer Panzerfabrik in der Ukraine mit der ukrainischen Regierung abgeschlossen.

Welche Rolle spielt die grüne Partei, bei der Vernachlässigung von Umwelt- und Ökologiestandards in der Landwirtschaft?

Die Nutzung des ukrainischen Ackerlands unterhalb der EU-Umweltstandards wurde und wird trotz des European Green Deal auch von der EU und auch mit Zustimmung der deutschen Regierung und ihrer beiden grünen Minister für Umwelt und für Landwirtschaft gefördert. Sie haben trotz ihrer Umweltversprechen auch der Zulassungsverlängerung des Ackergiftes Glyphosat in der EU zugestimmt.

"In Wirklichkeit fördern die Grünen eben nicht die ökologische kleinbäuerliche Landwirtschaft, sondern sie treiben sie in den Ruin."

Dass die Grünen zu den wichtigsten Umweltzerstörern gehören, belegt schon ihre Befürwortung von US-amerikanischem Frackinggas in Deutschland.

Gibt es weitere Gründe für das Bauernsterben in der EU?

Das Bauernsterben in der EU hat schon lange vor dem Ukrainekrieg begonnen. Von kleinen Bauern in der Eifel weiß Werner Rügemer, dass sie nach Aufgabe ihrer Landwirtschaft ihr Land zunächst an benachbarte Bauern verpachteten, die noch weitermachen wollten. Inzwischen kaufen aber auch hierzulande zunehmend internationale Investoren das aufgegebene Agrarland und verlangen viel höhere Pachten.

Immer mehr Kleinbauern in der EU werden auch deshalb in den Ruin getrieben, weil große Landwirtschaftsbetriebe viel mehr Subventionen von der EU erhalten, als ökologische bäuerliche Landwirte – aller Ökologie und Umweltversprechen zum Trotz. Zusätzlich dazu, tragen in der EU auch die Supermarktketten und die Lebensmittelkonzerne mit ihrer Preispolitik etwa bei Milch und Fleisch zum Bauernsterben bei. Schließlich sorgen auch die Freihandelsabkommen der EU mit nordafrikanischen und lateinamerikanischen Staaten für eine Einfuhr von Billiglebensmitteln. Ob durch den Massentransport von Lebensmitteln aus fernen Ländern viele fossile Brennstoffe verbrannt würden, wäre entgegen aller Klimapolitikideologie über CO2-Vermeidung an dieser Stelle gar kein Thema. Per Salamitaktik wird das Sterben der Kleinbauern weiter vorangetrieben.

Dr. Werner Rügemer ist interventionistischer Philosoph und Publizist aus Köln. Zuletzt veröffentlichte er im Juli 2023 das Buch "Verhängnisvolle Freundschaft – Wie die USA Europa eroberten, Erste Stufe: Vom 1. zum 2. Weltkrieg" beim Papyrossa Verlag. Sein vorheriges Buch "Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure" erschien auch in russischer Ausgabe, Verlag Nashe Zavtra, Moskau 2022. Darin wird u.a. der Einfluss US-amerikanischer Investoren und Berater unter Präsident Boris Jelzin dargestellt und wie sie unter Wladimir Putin in die Schranken gewiesen wurden. 2023 erschien das Buch auch in chinesischer Ausgabe, Verlag Dongfang/Oriental Press, Peking 2023. Die chinesische Rezension dazu schrieb der Präsident der World Association for Political Economy, Prof. Cheng Enfu.

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