Wirtschaft

Rekordgewinne: Öl-Multis konnten im Jahr der Energiearmut ordentlich absahnen

Der Energiekonzern Shell meldete für das Jahr 2022 den höchsten Gewinn seit 115 Jahren, kurz nachdem andere Öl- und Gasriesen Rekordgewinne verkündet hatten. Da bleibt bei einigen nicht nur genug für ordentliche Dividenden, sondern auch für den Gang vor Gericht gegen Sondersteuern.
Rekordgewinne: Öl-Multis konnten im Jahr der Energiearmut ordentlich absahnenQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Hanno Bode / Global LookPress

Während sich viele Wirtschaftszweige, Unternehmen und Privatleute im Jahr 2022 wegen der Inflation große Sorgen machen mussten und insbesondere Haushalte und kleine Unternehmen unter hohen Energierechnungen ächzten, lief es für ExxonMobil, Shell und weitere Firmen der Ölindustrie glänzend. So verdiente ExxonMobil im vergangenen Jahr mehr als je zuvor. Der größte US-Ölmulti gab am Dienstag einen Gewinn von 55,7 Milliarden Dollar (51,4 Milliarden Euro) für 2022 bekannt. Damit steigerte ExxonMobil das Nettoergebnis gegenüber dem Vorjahr um rund 140 Prozent. Der Umsatz legte um rund 45 Prozent auf 413,7 Milliarden Dollar zu. Im Schlussquartal stiegen die Erlöse um gut zwölf Prozent auf 95,4 Milliarden Dollar.

Der niederländisch-britische Energiekonzern Shell konnte im vergangenen Jahr ebenfalls einen Rekordprofit einfahren – mit knapp 40 Milliarden Dollar war der Gewinn etwa doppelt so groß wie im vorangegangenen Jahr, als dieser sich auf 19,3 Milliarden belief. Laut Handelsblatt war dies das bisher beste Geschäftsergebnis des Konzerns, der der weltweit größte Händler von Flüssiggas ist, und der Gewinn war einer der höchsten Profite, der jemals von Unternehmen in Großbritannien erzielt wurde.

Auch der britische Rivale BP und das französische Unternehmen TotalEnergies haben im vergangenen Jahr riesige Quartalsgewinne ausgewiesen. Der teilstaatliche österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV meldete für das Jahr 2022 ebenfalls einen massiven Anstieg des Nettogewinns um 85 Prozent auf knapp 5,2 Milliarden Euro.

Shell erhöhte seine Dividendenausschüttung um 15 Prozent und kaufte Aktien im Wert von 4 Milliarden US-Dollar zurück – Maßnahmen, die das Spannungsverhältnis zwischen den Aktionären des Energiekonzerns, die von den großen Gewinnen profitieren, und den Verbrauchern, die durch höhere Kosten für das Heizen ihrer Häuser und das Tanken ihrer Autos belastet werden, unterstreichen. Das Unternehmen teilte mit, dass es im vergangenen Jahr 26 Milliarden Dollar in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Aktionäre ausgeschüttet hat.

Die Ergebnisse waren "wirklich atemberaubend", so Russ Mould, Investment Director bei AJ Bell, einer Investment-Service-Plattform. Er warnte aber auch: Die Zahlen würden "nicht dazu beitragen, die Forderungen nach weiteren Steuern auf unerwartete Gewinne zu beruhigen, um einen Teil des Gewinns umzuverteilen, den Shell in diesem Jahr dank der durch die Ukraine ausgelösten Störungen auf den globalen Energiemärkten erzielt hat".

Um die Verbraucher zu entlasten, haben die Europäische Union und einzelne Länder wie Großbritannien und Italien den Energieunternehmen Gewinnsteuern auferlegt. Die britische Regierung hat ebenfalls eine Steuer auf "außergewöhnliche" Gewinne von Unternehmen eingeführt, die sogenannte Energy Profits Levy, um damit eine Senkung der Gas- und Stromrechnungen zu ermöglichen. Shell erklärte dennoch, dass es in diesem Jahr keine Steuern in Großbritannien zahlen werde, weil der Konzern Investitionen absetzen könne.

Am Donnerstag teilte das Unternehmen laut dem britischen Sender BBC jedoch mit, dass es für das Jahr 2022 eine britische Sondergewinnsteuer ("windfall levies" oder "windfall tax") zum Ausgleich der massiven Gewinne, in Höhe von 134 Millionen US-Dollar und für das Jahr 2023 mehr als 500 Millionen US-Dollar zu zahlen habe.

Auf EU-Ebene waren Ende September ebenfalls Maßnahmen beschlossen worden. Sie treffen nicht nur die Produzenten von Strom aus erneuerbaren und anderen Quellen, sondern auch Öl-, Kohle- und Gasunternehmen sowie Raffinerien. Sie sollen eine Solidaritätsabgabe von mindestens 33 Prozent auf ihre Übergewinne zahlen. Mit dem Geld sollen ebenfalls Entlastungen für Bürger und Unternehmen finanziert werden. Der befristete Solidaritätsbeitrag könnte nach Schätzungen der EU-Kommission 25 Milliarden Euro einbringen.

"Für die Millionen von Menschen weltweit, die mit den hohen Energiekosten oder den Auswirkungen der Klimakrise zu kämpfen haben, werden sich die Rekordgewinne von Shell zu Recht unglaublich ungerecht anfühlen", sagte Alice Harrison von Global Witness, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für ökologische Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung einsetzt. Am Donnerstagmorgen protestierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace vor Shells Firmensitz in London und wies auf die ausstehenden Kompensationszahlungen für Umweltschäden hin, die der Konzern mitverursacht hat.

"Es gibt Millionen von Menschen, die sich Wärme und Strom nicht leisten können. Und zur gleichen Zeit macht Shell Rekordgewinne, Kriegsgewinne und die Regierung versäumt es, eine angemessene Gewinnsteuer zu erheben", so der ehemalige britische Energie-Staatssekretär Ed Miliband von der Labour-Partei gegenüber BBC.


Der US-Energieriese ExxonMobil hat genügend Kapazitäten für einen Rechtsstreit und bereits Ende Dezember angekündigt, juristisch gegen die von der Europäischen Union beschlossene Übergewinnsteuer vorzugehen. "Wir richten uns nur gegen die kontraproduktive Übergewinnsteuer und nicht gegen andere Elemente des Pakets zur Senkung der Energiepreise", teilte Sprecher Casey Norton mit und bestätigte damit einen Bericht der Zeitung Financial Times. Diese hatte berichtet, dass ExxonMobil die EU vor dem Gericht der Europäischen Union verklagen wolle.  Die EU-Kommission sagte dazu, dass die Klärung darüber eine Angelegenheit für die Gerichte sei: "Die Kommission ist nach wie vor der Ansicht, dass die fraglichen Maßnahmen in vollem Umfang mit EU-Recht vereinbar sind."

Während die hohen Anstiege der Energiepreise die Kassen der Konzerne füllten, trieben sie maßgeblich auch die immense Teuerungsrate an, die wiederum die Menschen der unteren Einkommensklassen am härtesten trifft.

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(rt/dpa/ap)

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